Ben Fox Smith im Interview

Ben Fox Smith Pressefoto

„Ich liebe auch heute noch meinen 4-Spur-Recorder“Singer-Songwriter Ben Fox Smith, bekannt als Frontmann von Bands wie Serafin oder Stony Sleep, spricht im Interview über Songwriting, Produktion und seine ganz persönlichen „Studio Secrets“.

von Jens Krüger

Hi Ben, ich möchte in dieser Episode schwerpunktmäßig über das Thema Musikproduktion sprechen. Der Grund ist natürlich, dass Du vor kurzem Dein neues Studio fertiggestellt hast (YSB Studios). Erzähl doch bitte, wie es dazu gekommen ist.

Ben Fox Smith Ich habe immer schon meine eigene Musik aufgenommen, in der Vergangenheit aber nicht so sehr auf die Qualität geachtet. Angefangen habe ich mit Aufnahmen auf einem TASCAM-4-Spurgerät. Zuletzt ist das Thema immer ernsthafter gewachsen und ein großer Bestandteil meines Lebens geworden. Ich habe mir meinen Traum-Synthesizer gekauft und darüber hinaus einiges an Equipment. Was aber am Wichtigsten ist: Ich bin jetzt in der Lage, die Musik, die in meinem Kopf ist, adäquat und professionell aufzunehmen. Außerdem produziere ich inzwischen auch Musik als Auftragsarbeiten für andere. Das Recording und Experimentieren mit Musik haben ihre Magie für mich nicht verloren.

Welcher Teil der Arbeit macht Dir am meisten Spaß, das Songwriting, der Engineering-Part oder das Produzieren?

Ben Fox Smith Der Engineering-Part macht am wenigsten Spaß, die ganze Verkabelung, etc. Ich versuche mich da selbst etwas zu begrenzen, weil ich nicht mit noch mehr Drähten und Kabeln herumhantieren möchte. Aber ich akzeptiere diesen Bestandteil, er gehört zum Gesamtprozess dazu. Alles andere ist aber wundervoll. Neue Synth-Sounds zu finden, macht mir derzeit am meisten Freude.

Bestimmt für Dich manchmal solch ein Sound, den du findest, die Richtung, in die sich ein Song entwickelt?

Gitarre vs. Synthesizer

Ben Fox Smith Je mehr ich mich mit dem Instrument auskenne, desto mehr ist dies der Fall. Aktuell ist aber immer noch die Gitarre das prägende Instrument beim Songwriting. Sie eignet sich natürlich auch gut, um dazu zu singen. Ich hoffe, dass sich dies in Zukunft ändert und ich den Synthesizer noch sehr viel mehr in seiner Tiefe entdecken werde.

Auf der einen Seite ist für Dich Selbstbegrenzung wichtig, auf der anderen Seite planst Du neue Sound zu entdecken. Wie passt das zusammen?

Ben Fox Smith Es ist ein ständiger Kampf mit mir selbst. Mein letztes Album hatte einen noch recht klassischen Aufbau. Ich hoffe, dass sich das bei meinem nächsten Album ändern wird, dass es deutlich experimenteller wird, befreit von Konventionen, eventuell gleichzeitig etwas weniger dicht. Je selbstbewusster ich beim Produzieren werde, desto mehr kann ich Risiken eingehen. Auf „Drink The Tears Of Sleeping Birds“ waren der Sound von Schlagzeug und Gesang die Konstanten. Allerdings habe ich vor einigen Jahren ein Album mit dem Titel „On Purpose“ veröffentlicht, das sehr experimentell war. Möglicherweise gehe ich zu diesem Ansatz zurück, suche für jeden Song nach einem Drum- und Bass-Sound und werde die Rock- und Indie-Gefilde verlassen, um es etwas interessanter zu gestalten.

Du arbeitest viel mit Sound-Schichten …

Ben Fox Smith Das stimmt, es ist selten der Fall, dass ich in dieser Hinsicht einen meiner Songs begrenzen möchte. Ich arbeite einfach gerne mit Harmonien. Die ruinieren für mich niemals einen Song.

Wie hast Du Dir die Fähigkeiten angeeignet, professionell Musik aufnehmen zu können?

Ben Fox Smith und der A-ha-Moment mit den Beatles

Ben Fox Smith Es gibt es aus meiner Sicht eine Ebene, die gelehrt werden kann und eine zweite, die natürlich vorhanden ist. Für mich fühlte sich das Aufnehmen schon immer recht natürlich an. Ich hatte bereits als Kind einen Aha-Moment: Ich hörte eine Beatles-Platte und habe mit einem Kassettenrekorder dazu gesungen und meine Stimme aufgenommen. Das war großartig. Ich liebe auch heute noch meinen 4-Spur-Recorder mit seinen klobigen Knöpfen und limitierten Fähigkeiten. Das waren für mich die Anfänge. Später kam ein digitales 8-Spur-Gerät dazu.

Der Prozess hat mir weniger Freude bereitet, aber die Resultate waren gut. Schließlich habe ich mir einen Laptop gekauft und mit Garage Band herumexperimentiert. Es ist nicht alles gut, was ich damit gemacht habe. Garage Band bietet einem zu viele Optionen. Alles in allem gefällt mir die Kombination cleaner digitaler Aufnahmen mit dem Charme analoger Geräte. Ich hätte auch gerne eine richtige Bandmaschine. Aber das Erlernen neuer Geräte ist natürlich auch immer ein Prozess, in den man Zeit investieren muss.

Ein Beispiel?

Ben Fox Smith Ich habe mir einen Kompressor gekauft, den ich jüngst erst richtig verstanden habe. Ein Verständnis für die Technik ist das A und O. Ich liebe zum Beispiel für das Mastering die Möglichkeiten, die künstliche Intelligenz bietet. Hier könnte ich mich nicht rein auf meine Ohren verlassen. Manche Regeln darf man beim Mastering brechen, an andere sollte man sich strikt halten. Es ist also anders als das Songwriting, wo man machen kann, was man möchte.

Deine Aussage zu Garage Band und dass es auch „zu viele“ Optionen geben kann, finde ich interessant. Jüngst habe ich das Buch von Rick Rubin gelesen, der darin schreibt, dass es oft besser ist, eine sehr begrenzte Auswahl zu haben, um kreativ werden zu können.

Ben Fox Smith setzt sich Grenzen

Ben Fox Smith Mir wird auf YouTube immer die Werbung von Native Instruments angezeigt. Diese Plugins, mit all den Möglichkeiten von 2.000 potentiellen Sounds usw. … aber ich will ja gar nicht so viele Sounds haben. Es ist auch aus meiner Sicht definitiv von Vorteil, sich selbst Grenzen zu setzen. Es gibt so viele Leute in der Produktionsszene, die Songs auf Basis von Drum-Beats oder Presets schreiben, das finde ich verrückt. Vielleicht liegt das auch an meinem Alter. Ich bin 1978 geboren. Als ich angefangen habe Musik zu machen, haben Computer eine noch nicht so große Rolle gespielt. Ich bin immer noch oldschool.

Was für eine DAW (Digital Audio Workstation) nutzt Du eigentlich?

Ben Fox Smith Logic derzeit. Mein Professor an der Uni hat mich zuletzt gezwungen Ableton zu nutzen. Jeder an der Uni ist überhaupt ganz begeistert davon. Auch wenn die Möglichkeiten für  Synthesizer gut sein mögen, für mich ist Ableton eher nichts. Logic ist für mich völlig ausreichend. Eine DAW ist für mich wie eine Leinwand zum Malen, es spielt eine Rolle, was man darauf macht.

Gibt es bestimmte Plugins oder Instrumente, die Du jemandem empfehlen würdest, der sich ein Studio einrichten möchte?

Ben Fox Smith Es gibt ein Programm namens SoundID, bei dem verschiedene Klangparameter wie Frequenzgang, Raumklang und Bassoptimierung so angepasst werden, dass es egal ist, in was für einem Raum man sich befindet. Es klingt immer, als befände man sich in einem perfekt eingerichteten Studio. Deine Lautsprecher und insbesondere der Raum, in dem du aufnimmst, sind in der Regel nicht perfekt. Mixing und Mastering ist unter diesen Umständen schrecklich. Und dieses Plugin sorgt dafür, dass deine Signale absolut unbeeinflusst sind durch Raum oder Lautsprecher.

Derzeit passiert viel im Bereich der künstlichen Intelligenz. Glaubst Du, dass es digitale Künstler geben wird, die Erfolg haben werden?

„AI ist ziemlich gut für den Qualitätscheck“

Ben Fox Smith Ich glaube immer noch, dass Menschen an Menschen interessiert sind. Solange die Roboter nicht die Welt beherrschen, glaube ich nicht, dass es massiv erfolgreiche AI-Stars geben wird. Ich weiß natürlich, dass AI inzwischen sehr gute Poesie und Songs schreiben kann. Einer meiner Schüler hat sich zuletzt die Lyrics zu einem seiner Songs von AI schreiben lassen. Das Gleiche gilt, wie ich zuvor schon ausgeführt habe, für das Mastering. AI ist ziemlich gut für den Qualitätscheck. AI wird dabei helfen, Zeit zu sparen, sie wird Dienstleistungen günstiger machen, aber auch Menschen arbeitslos machen. Schon jetzt kann man sich an den berühmten Abbey Road-Studios einen Song für 100 Euro oder so mastern lassen.

Aber wird AI in der Lage sein, einen richtig guten Song zu schreiben? Also von der Qualität wie Bob Dylan, Leonard Cohen oder Neil Young – ich glaube nicht. Selbst wenn man dem Computer sagt, schreib ein Barocksong und ihn mit allen dazugehörigen Elementen füttert, ist das Ergebnis dennoch irgendwie generisch.

Als Du noch mit Serafin gespielt hast, habt ihr mit dem Starproduzenten Dave Sardy zusammengearbeitet (Marilyn Manson, Noel Gallagher, Oasis). Konntest Du Dir damals etwas abschauen, und bist Du generell an der Vorgehensweise anderer Produzenten interessiert?

Ben Fox Smith Ich bereue ein wenig, damals nicht stärker involviert gewesen zu sein. Ich habe natürlich zugehört seinerzeit, mir aber keine Notizen gemacht. Lustigerweise habe ich damals darauf bestanden, für den Mix von „No push collide“ von London nach L.A. zu fliegen. Als ich angekommen bin, hat mir Dave eine Box mit DVDs in die Hand gedrückt, da er mich offensichtlich beim Mixprozess nicht dabeihaben wollte. Er hat mich in einen Nebenraum geschickt, wo ich dann wochenlang gute Filme geschaut habe. Aber Dave, der selbst auch Gitarrist ist, war eine sehr gute Wahl damals. Und ich hatte damals auch nicht sehr viel Ahnung von Musikproduktion.

Wie wichtig für Dich analoges Equipment?

Ben Fox Smith Mein Synth ist analog, meine Kompressoren auch, ansonsten mein 4-Spur-Gerät, das ist es dann aber auch.

Du hast Dein letztes Album in Eigenregie aufgenommen. Kannst Du uns den Prozess aufzeigen? Gehst Du immer gleich vor?

Ben Fox Smith und das Zufallsprinzip

Ben Fox Smith Ich versuche die Herangehensweise variabel zu halten. Ich arbeite an Ideen, die ich vor vielen Jahren erdacht habe, mag es aber genauso, ganz frisch mit dem Songwriting zu beginnen. Genauso gefällt es mir, die Reihenfolge der Instrumente, mit denen ich starte, durcheinander zu mixen. Es kann sein, dass ich mit einer Gitarre beginne, genauso ist es möglich, dass ich mit einer Klavieridee starte. Mir gefällt es, nach dem Zufallsprinzip vorzugehen. Daraus resultieren unterschiedliche Ergebnisse und es wird nicht so schnell langweilig.

Also wäre es für Dich auch denkbar, mit dem Schlagzeugbeat zu starten?

Ben Fox Smith Hmm, das Schlagzeug ist vom Tempo in der Regel festgelegt, dass ist auch bei vielen meiner Songs so. Diese Herangehensweise kann etwas langweilig werden und ich möchte das in Zukunft ändern. Ich hätte zum Beispiel gerne ein elektronisches Schlagzeug, damit ich Beats auch selber einspielen kann. Obwohl man tolle Schlagzeugsounds auch mit dem Computer erzeugen kann, ist es einfach nicht dasselbe. Es langweilt mich mittlerweile einfach, digitale Schlagzeugspuren zu editieren, um sie menschlich klingen zu lassen. Andersrum kann ich mir gut vorstellen, abgefahrene elektronische Sounds live zu spielen.

Das gesamte Interview auf Englisch könnt ihr als Video auf dem Kanal unseres Autors Jens Krüger anschauen: https://www.youtube.com/watch?v=kWOOVd68lf4

(Beitragsbild: Pressefoto)

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